4. Die Steigerung der Korruption

Blauäugig dachten wir jetzt kennen wir alle Abzockmaschen.

Die nächsten zwei Tage werde ich öfters von der „Polisi“ angehalten und ich denke schon: Oh Wunder, jetzt hab ich Sansibar kapiert. Immer der Versuch, mich abzukochen, aber noch einigermaßen zurückhaltend.
Wie kann man nur so blauäugig sein wie ich? So langsam entspanne ich mich, aber das soll sich wieder ändern.
Inzwischen bekomme ich im Hotel auch mit: Es ist zwar immer alles vorrätig, aber nicht, wenn du es brauchst. Beim Gang zum Frühstück fehlt jeden Tag etwas Butter, Schinken, Eier, Milch usw. Du bekommst es natürlich mit Pole Pole (langsam, langsam) geliefert. Aber nur, wenn du Trinkgeld gibst.
Es ist die reine Mangelverwaltung, welche Du mit Trinkgeld abändern kannst und das jeden Tag. Warum sollten die Angestellten anders sein als die Polizei? Manchmal hab ich Trinkgeld gegeben und manchmal zusätzlich kleine Geschenke wie Solartaschenrechner, Flaschenöffner, Kulis, usw. Hab mir keine Gedanken gemacht und irgendeine Bedienung schaut auf der darauf abgedruckten Webadresse wirklich im Internet nach.
Jetzt werd ich gar nicht mehr bedient.
Ich schreib wirklich an das Hotelportal Bluebay und Sultan Sands in Sansibar. Ob sie wirklich eine negative Bewertung bei Tripadvisor oder Holliday Check wollen. Gleich am nächsten Tag kümmert sich der Hotelmanager um mich.
Er entschuldigt sich dafür, dass ich nicht bedient wurde, aber auf den Werbegeschenken ist ein Erotikshop angegeben und das geht schon gar nicht im Islam. Deswegen haben mich alle Kellner auch „als letzter Idiot“ ignoriert. Sogar der Oberkellner hat dies gutgeheißen. Ohne meine Mail an die Geschäftsleitung wäre ich gar nicht mehr bedient worden.
Jetzt haben alle Angst vor einer negativen Beurteilung und ich muss bei jedem Essen jedem bestätigen, dass trotz der Mangelverwaltung alles perfekt ist.

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2 Köche 3 hungrige Urlauber, nichts auf dem Herd. Auf Verlangen gibts 2 Mini Stücken Fleisch oder Fisch gebraten

 

Der Chefkellner lässt sich bei mir nicht mehr blicken und jetzt sind alle (sogar die Gartenarbeiter) nur noch „scheissfreundlich“ zu mir.
Inzwischen ist das Cola-Light ausgegangen (zumindest offiziell). Nun ich bin ja auf de schwarzen Kontinent und dort muss es ja nicht unbedingt Cola-Light geben. Aber nach dem Essen an der Bar werde ich sofort vom Barmann angesprochen „Nur für dich habe ich Cola-Light“. Jetzt bist du wohl gezwungen, Trinkgeld herauszurücken. Nach zwei Tagen sind die gebunkerten Vorräte von Cola-Light aufgebraucht und es gibt gar keines mehr. Macht mir eigentlich nichts aus. Da ich unterwegs bin, kann ich mir leicht Cola-Light für 50 Cent die 0,5 Liter Flasche kaufen.
Das checkt natürlich jeder sofort im Hotel und nach weiteren zwei Tagen kommen wieder die Hotelmanager zu mir und sagen mir: Nur für Dich haben wir Cola-Light gekauft“. Obwohl ich all inklusive hab, trink ich weiter mein selbst gekauftes Cola-Light. Es kann ja nicht sein, dass ich der einzige im Hotel bin, der bevorzugt wird.
Bei jedem Essen registriere ich nun einen bevorzugten Service. Ich bekomme alles – wenn auch langsam, die anderen Gäste aber nur das notwendigste. Der Grund dafür ist: Alle Hotelangestellten dürfen nach jedem Essen selbst das gleiche Mahl zu sich nehmen.
Warum sollten sie den Touristen alles geben, wenn doch jeder Angestellte etwas gutes Essen will? Damit nicht genug. Selbst die Musiker oder Showvorführer bekommen nach Ihrem Auftritt das gleiche Essen. Also wird für die Touristen knapp eingeteilt, damit jeder Angestellte und wahrscheinlich die ganze Sippschaft satt wird.
Korrupt wie das ganze Land.
Ich will eigentlich nicht mehr. Für mich steht jetzt schon fest
Nie mehr Sansibar.
Aber in Sansibar ist jede Korruption noch zu steigern.
Wir fahren vor lauter Vorsicht vor diesen Polizisten nur noch 40 km/h außerhalb jedes Ortes. Aber es nützt nichts.
In der schlimmsten Schlaglochpiste fahren wir ca. 20 km/h. Plötzlich kommt ein laut knatterndes Moped von hinten neben mich gefahren, die POLIZEI, und bedeutet mir anzuhalten, was ich natürlich sofort befolge.
Jetzt behaupten doch diese zwei Gangster: Ich wäre Ihnen entgegen gekommen und sie hätten mir beim Fahren angezeigt, ich soll anhalten, was ich nicht getan hätte.
Das Problem war aber nur, dass die mir nicht wirklich entgegengekommen sind. Auch meine Frau als Beifahrerin hat nichts gesehen. Die standen irgendwo zwischen den Hütten und lauerten auf „weiße Opfer“. Also aufs Moped, hinterhergefahren und angehalten.
Wieder eine halbe Stunde Diskussion, aber beweise mal den zwei Polizisten, dass Du nicht angehalten wurdest. 50 Dollar soll der Spaß kosten. Ich zeige Ihnen: ich hab frisch getankt und nur noch drei Dollar zur Verfügung.
Ein POLIZIST spielt guter und der andere böser POLIZIST. Er warnt den anderen davor, drei Dollar einzustreichen. Das könnte man Bestechung nennen…Die sind so frech und sagen mir „ich bin zu alt zum Auto fahren ich sehe nichts mehr“.
Jetzt fragen diese Polizisten – wie früher auch andere Polizisten es getan haben,-
„Wann die Gültigkeit des Führerscheines abläuft.“
Die können gar nicht verstehen, dass unser Führerschein nicht abläuft. Hier in Sansibar läuft jedes Dokument ab und dann muss neu beantragt bzw. neu bestochen werden.
Ein Polizist setzt sich in mein Auto hinten rein. Wahrscheinlich hat der dort gefahndet, ob was zu holen ist. Dem war aber nicht so. Sagt: „Wir fahren aufs Präsidium“. Ich antworte: „Okay“. Aber meine Frau will nicht. Sie möchte gerne bezahlen. Dem muss ich mich dann wohl fügen. Bei 10000 Schilling ungefähr vier Dollar) willige ich ein
Ich versuche, ihm den Obolus zu überreichen, aber er wehrt sich. Er sei ja schließlich nicht bestechlich.. Jetzt kommt ein Buch vom Kollegen zum Fenster rein und da soll ich mein Geld rein deponieren.
Ich hab noch ein paar Tage, aber

„Sansibar ich will nicht mehr.“

Alle paar Meter reagiert jemand auf uns „blöde Weiße“ aber nicht mit Hallo oder Jambo, sondern nur mit Money. Selbst dreijährige können nur dieses prägende Wort. Du siehst in den ländlichen Gegenden niemand stehen und doch ruft es dauernd bei unserer langsamen Fahrt beim Betrachten des Landes: „Money Money“.

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Das einzige Hilfsmittel auf dem Feld ein Kuhkarren

 

Genau so geht es später im Hotel weiter. Zum Dinner trinke ich Soda Wasser. Nachdem ich bei meiner Kellnerin keine Anstalten mache, wie jeden Abend Cola-Light und eins, zwei Brandy nach dem Dinner zu trinken, wird extra ein Lakai geschickt, der mir erklärt, nur für mich und wirklich nur für mich gibt’s Cola-Light.
Ich kann jetzt nur noch allen abraten, nach Sansibar zu reisen.
In der Karibik ist das Wasser klarer. Hier bauen die Frauen Seetang an. Ist für Sie ne gute Einnahmequelle, für die Touristen aber grüner Dreck im Wasser im ansonsten sauberen Ozean.
Jetzt läuft auch noch Purple Schulz – Sehnsucht. Ich will weg. Ja ich will wirklich weg aus Sansibar.
Ich geh ins Bett und denke schon: Morgen nächster Tag gleich nächstes Pech.